Peter Stausberg   Internist         Hedda Stausberg   Ärztin für Allgemeinmedizin
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Hausarztpraxis Stausberg

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Der Valsartan-Skandal

Als im Juli 2018 das Hoch­druck­mittel Valsartan praktisch von keinem Generika-Her­steller mehr geliefert werden konnte, schaffte es das Problem der Liefer­engpässe für Arznei­mittel auch in die Haupt­nachrichten. Der chinesische Her­steller des Grund­stoffes hatte durch eigene Über­prüfungen eine Verun­reinigung mit dem wahr­scheinlich krebs­erregenden Stoff N-Nitroso­dimethylamin festgestellt und die Produktion ein­gestellt. Die verbliebene von der chinesischen Produktion unabhängige Pharmafirma war schnell ausverkauft. Tausende Hochdruck­patienten mussten auf andere (verwandte) Medikamente umgestellt werden. Viele Patienten waren verunsichert, haben möglicher­weise vorsichts­halber gar keine Medikamente mehr eingenommen. Ärzte und Apotheker haben ungezählte Stunden aufgewendet, um den Engpass abzufedern.

Wo liegen die Ursachen?

Liefer­schwierigkeiten werden seit 2013 auf freiwilliger Basis dem Bundes­institut für Arznei­mittel und Medizin­produkte (BfArM) gemeldet. Auch wenn man den Valsartan­skandal herausrechnet, nehmen die Engpässe in den beiden letzten Jahren dramatisch zu. Eine Ursache wird im Konzentrations­prozess der Hersteller gesehen. Oft gibt es nur noch einen oder zwei Betriebe, die die Arzneistoffe industriell produzieren. Wenn dort Probleme auftreten, gibt es keinen Konkurrenten mehr, der in die Bresche springen kann. Die letzte europäische Produktions­stätte für Antiotika (Frankfurt-Höchst) wurde vor wenigen Jahren geschlossen; die großen chinesischen Chemie­fabriken liefern zu Preisen, mit denen eine europäische Produktion nicht konkurrieren kann.
Während die Pharmaindustrie den Kostendruck durch die Regulierung der Arzneimittel­preise (v.a.durch die Rabatt­verträge) anprangert, verweisen die Kranken­kassen auf die Profit­orientierung der Industrie. Preis­steigerungen würden ja nicht zu einer nach­haltigeren Produktion, sondern nur zu einer Steigerung der Erträge führen. So bleibt die Politik in dieser "never ending story" aufgerufen, erneut regulierend einzugreifen, um die Versorgung der Patienten mit essentiellen Medikamenten sicher­zustellen.

Was sind nochmal Rabattverträge?

Viele Kranken­versicherungen haben mit einzelnen oder mehreren Arzneimittel­herstellern Verträge abgeschlossen, in denen die Hersteller Rabatte einräumen. Im Gegenzug sind die Apotheker verpflichtet, Versicherten dieser Krankenkasse stets ein rabattiertes Mittel auszu­händigen, auch wenn auf dem Rezept ein anderes Medikament steht. Voraussetzung ist, dass es ein wirkstoff­gleiches Mittel gibt und dass der Arzt den Austausch nicht ausdrücklich auf dem Rezept ausgeschlossen hat.

Warum sind manche Medikamente zuzahlungsfrei?

Während das System der Rabatt­verträge bei Apothekern und Pharmafirmen ansetzt, versucht der Gesetzgeber hier, die Patienten selbst dazu zu bewegen, billigere (günstigere) Medikamente zu wählen: Die Krankenkassen können bestimmte Mittel von der Zuzahlung freistellen, wenn diese ein festgelegtes Preis­niveau unter­schreiten. Im Jahr 2019 waren mehr als 3.500 Medikamente von der Zuzahlung befreit.

Kann ich bei dem Hin und Her auf die Qualität vertrauen?

Aufgrund des strengen Prüf­verfahrens kann man in der Regel davon ausgehen, dass Präparate verschiedener Firmen mit dem gleichen Wirkstoff (sogenannte Generika) eine vergleichbare „Bio­verfüg­barkeit“ haben. Das heißt, von 5mg Amlodipin der Firma X landet genau so viel in meinem Blut­kreis­lauf wie von 5mg der Firma Y. Ob aber die Kinetik (Wirkdauer) und die Verträglich­keit der Tabletten vergleichbar ist, hängt auch von der Ver­arbeitung und den enthaltenen Hilfs­stoffen ab. Es kann also durchaus sein, dass das Mittel der Firma X gut vertragen wird und gut wirkt, dasjenige der Firma Y aber zu Allergie oder Unwohlsein führt. Einfaches Beispiel: Milch­zucker­haltige Tabletten können bei Menschen mit Laktose­intoleranz zu Übelkeit führen.

Qual der Wahl

Konsequenzen für die Zusammen­arbeit Arzt — Patient

Die scheinbare Beliebigkeit, mit der ein verordnetes Arzneimittel ausgewählt wird, sorgt bei vielen Patienten für Unbe­hagen. Sie haben sich ja nur wider­strebend und nach reiflicher Über­legung dazu entschlossen, eine Substanz einzunehmen. „Wenn es hier zugeht wie im Super­markt, nehme ich lieber gar nichts ein!“ – eine verständliche Reaktion, aber schlecht, wenn es dadurch zu Miß­trauen und Miß­ver­ständnissen zwischen Arzt und Patient kommt.
Machen wir das Beste daraus und sprechen miteinander. Dabei können wir mehrere Fragen klären: Ist das Medikament wirklich erforder­lich? Kann von vorn­herein ein rabattiertes Mittel ver­schrieben werden oder gibt es gute Gründe, bei einem bestimmten Präparat zu bleiben und die „Substitution“, das heißt den Austausch durch ein anderes Präparat, auszu­schließen? Dies ist allerdings nur in Ausnahme­fällen möglich, weil der verschreibende Arzt sonst in Gefahr gerät, wegen unwirt­schaftlicher Verordnungs­weise selbst in Haftung („Regress“) genommen zu werden.
Besteht Einigkeit darüber, welche Präparate tatsächlich einge­nommen werden und in welcher Dosis? Auch der Apotheker weiß in vielen Dingen Rat (und natürlich kennt er sich hier manchmal besser aus als der Arzt).

Lange Rede, kurzer Sinn:
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker !